Die Augustusbrücke in Dresden erstrahlt in neuem Licht
Welch ein Panorama – das nächtlich erleuchtete „Elbflorenz“ Dresden dürfte zu den meistfotografierten Motiven Deutschlands gehören. Im Zentrum: Die historische Augustusbrücke, die in den vergangenen Jahren aufwendig denkmalgerecht saniert wurde. Projektionstechnik von WE-EF ermöglichte ein Lichtkonzept, das höchste gestalterische Ansprüche mit Natur- und Denkmalschutz vereinbar macht.
Schon seit dem Mittelalter verbindet eine Steinbrücke über die Elbe die historischen Kerne von Dresdner Altstadt und Neustadt. Zweimal wurde sie abgerissen und neu aufgebaut, jedes Mal breiter, höher und prächtiger als zuvor. Die heutige Augustusbrücke entstand zwischen 1907 und 1910, gestaltet vom Ingenieur Herman Klette und dem Architekten Wilhelm Kreis in Anlehnung an den barocken Vorgängerbau. Kriegszerstörungen, der stetig wachsende Verkehr und zuletzt das Hochwasser von 2013 hatten der Brücke seitdem zugesetzt. Nach sorgfältigen Bestandsaufnahmen und Planungen startete 2017 die grundhafte, denkmalgerechte Sanierung. Seit Januar 2022 fließt auf der Brücke wieder Verkehr – allerdings ist sie als die erste autofreie Brücke Dresdens jetzt den Fußgängern, Radfahrern und der Tram vorbehalten. Abschließende Arbeiten liefen parallel dazu weiter, unter anderem auch der letzte Schliff der Beleuchtungsanlage. Wie im Dresdner Licht-Masterplan seit langem vorgesehen, erstrahlt seit Dezember 2023 die Augustusbrücke abends in warmtonigem Licht und wird so zu einem zentralen Element der nächtlichen Stadtansicht.
Plastisch gegliedert durch Licht und Schatten
„Die neue Beleuchtung soll die Plastizität und Gliederung des Bauwerks auch in der Nacht wahrnehmbar machen“, beschreibt die Lichtplanerin Anke Hanke das Lichtkonzept ihres Büros Hanke + Partner Architekten mbB, Weimar: „Das erreichen wir durch exakt ausgeleuchtete Bogenstirnflächen mit Betonung der skulptural gestalteten Konsolsteine sowie durch eine seitliche Aufhellung der Pfeiler.“ Was im Ergebnis so klar und schlüssig wirkt, erforderte in der Praxis allerdings viel Geduld, Kreativität und Expertise: Denn nicht nur die ästhetische und attraktive Erscheinung zählte, auch die Anforderungen von Denkmal- und Naturschutz mussten bei der Lichtplanung berücksichtigt werden.
Der enorme Aufwand der Sanierung bestimmte die Terminplanung für das Projekt, in der die Planung und Installation der Beleuchtung immer nur schrittweise erfolgen konnte und sich dadurch über rund ein Jahrzehnt erstreckte. Zudem ist das Elbufer um die Brücke auch ein Habitat für geschützte Tierarten wie die Hufeisennase, eine Fledermausart. Im Interesse des Artenschutzes galt es, Störwirkungen der Beleuchtung zu minimieren, vor allem die direkte Beleuchtung der Wasser- und Uferflächen oder eine Unterstrahlung der Brückenbögen. Schon früh im Prozess zeigten Bemusterungen, dass konventionelle Scheinwerfer weder diese Anforderungen erfüllen noch den nötigen Blendschutz für die Nutzer der Brücke gewährleisten konnten. Als Lösungsansatz brachten die Planer Projektionsscheinwerfer mit Gobos ins Spiel – und damit WE-EF als einen der führenden Anbieter dieser Technik im Außenraum.
Präzise Lichtbegrenzung mit individuellen Gobos
Solche Gobo-Projektoren können mittels beständiger Metall- und Glasschablonen, sogenannter Gobos, diverse Muster und Bilder auf die Zielfläche projizieren – frei von Streulicht und Lichtverschmutzung. Bei der Augustusbrücke zeigten bereits 2014 erste Versuche mit provisorischen Gobo-Schablonen vielversprechende Resultate. Die Erstellung der endgültigen Gobos erforderte allerdings einigen Aufwand, denn aufgrund der unregelmäßigen Form der Brücke musste die exakte Gobo-Kontur für jede Position der insgesamt 34 LED-Projektoren individuell erarbeitet werden: Dafür projizierten die Planer zunächst ein Messmuster auf das jeweilige Brückensegment und fotografierten es aus gleicher Perspektive. Auf Basis dieser Digitalfotos erstellte ein spezialisierter Dienstleister Motivvorlagen und schließlich die Gobos mit Konturen für scharfe Lichtabrisse an Bogenkante und Brüstung sowie mit Verläufen für weiche Übergänge an Pfeilern.
Die eingesetzten Gobo-Projektoren der FLC-Serie von WE-EF haben die Besonderheit, dass sie auch mit der hochwertigen Projektionsoptik, die in ihrem Schutzrohr unverkennbar aus dem Scheinwerfer ragt, genauso robust und dauerhaft konstruiert sind wie ihre vielfach bewährten Geschwister mit konventionellen Optiken. An der Augustusbrücke sind pro Brückenbogen jeweils zwei FLC220 Projektoren gegenüber voneinander an einem Stahlwinkel montiert. Positioniert etwa auf Scheitelhöhe der Bögen, leuchten sie jedes Brückensegment randscharf und gleichmäßig von beiden Seiten aus. Hinzu kommen bei den höheren Bögen zusätzliche FLC 220 Scheinwerfer mit symmetrisch breitstrahlender Charakteristik, um die Bogenstirnflächen im Nahbereich aufzuhellen. Scheinwerfer und Projektoren sind durchgängig mit warmtonigen LED-Modulen (3000K) ausgerüstet – abgestimmt auf das Gesamtbild des Altstadtufers und den beigen Originalton des Elbsandsteins der Brückenverkleidung. Ihre dimmbaren Betriebsgeräte sind via DALI Schnittstelle in ein Lichtsteuersystem integriert. Damit konnten die Planer die abschließende Feinjustage der Beleuchtungsstärken aus Betrachterperspektive vornehmen.
Respekt vor der Nacht hat Priorität
Durch ihre Prominenz als stadtbildprägendes Kulturdenkmal ragt die Dresdner Augustusbrücke als Beleuchtungsprojekt deutlich heraus. Allerdings dürfte die hohe Priorität von Naturschutz neben den Aspekten der Stadtplanung und des Denkmalschutzes zukünftig den Normalfall darstellen. Daher gewinnen Lichtlösungen, die der Nacht und ihrer Natur mit Respekt begegnen, an Bedeutung. Der Einsatz von Gobo-Projektoren zur Minimierung von Streulicht und Lichtverschmutzung ist nur eine der Technologien, mit denen WE-EF unter dem Sammelbegriff „Night Sensitive Lighting“ diese Entwicklung hin zum bewussteren Umgang mit Licht unterstützt. Ein so gelungenes Resultat wie bei der Augustusbrücke ist für die Dresdner und ihre Besucher ebenso erfreulich wie für die Hufeisennasen.
Projektdaten:
Projekt: Denkmalgerechte Instandsetzung der Augustusbrücke über die Elbe und der angrenzenden Ingenieurbauwerke und Hochwasserschadensbeseitigung in Dresden
Bauherr: Landeshauptstadt Dresden, Straßen- und Tiefbauamt
Generalplanung und Bauoberleitung: IGS Ingenieure GmbH & Co. KG, Weimar
Lichtplanung: Hanke + Partner Architekten mbB, Weimar
Elektroplanung und Bauüberwachung Technische Ausrüstung: IBHS Ingenieurbüro Hahn GmbH, Pirna
Ausführung Brückenbau: Hentschke Bau GmbH, Bautzen
Ausführung Technische Ausrüstung: Elektroinstallation Martin GmbH, Dresden
Zeitraum Planung (Vorplanung bis Vergabe): 2013 – 2017
Zeitraum Ausführung: 2017 – 2023
Fotos: Frieder Blickle für WE-EF